Schriftliche Anfrage

Schriftliche Anfrage zum zeitgenössischen Zirkusschaffen in Zürich

„Der zeitgenössische Zirkus ist eine eigenständige Kunstform an der Schnittstelle der darstellenden Künste. Physical Theatre, Objekttheater, Performance und Tanz verbinden sich zu einer einzigartigen Erzählform. Nebst den bekannten Produktionen der grossen Anbieter, gibt es auch verschiedene Nischenprodukte und Formen der Nachwuchsförderung. Dabei kommt auch die integrative Funktion nicht zu kurz, da Kinder und Jugendliche aller Bevölkerungsschichten sich körperlich und künstlerisch einbringen können. Zeitgenössisches Zirkusschaffen stellt aber auch spezielle Anforderungen an Produktions- und Aufführungsorte. Darum kommt die heterogene Zirkuslandschaft der Stadt Zürich von verschiedenen Seiten immer wieder unter Druck, sei es aufgrund der bestehenden Platzverhältnisse für Darbietungen und Quartiere einerseits, sei es aufgrund fehlender oder ausbleibender Förderung andererseits.“

Das ist der einleitende Text einer schriftlichen Anfrage im Gemeinderat, die von den Mitgliedern von zirkusstadt-zuerich.ch eingereicht wurde. Es folgt eine Reihe von Fragen, die der Stadtrat innerhalb von 3 Monaten beantworten wird. Wir werden die Antworten selbstverständlich hier aufschalten.

  1. Welches sind die quantitativen Eckpunkte der Zirkuslandschaft in der Stadt Zürich? Wir bitten um eine tabellarische Übersicht mit allen dem Stadtrat bekannten Institutionen, welche direkt zur Zirkuslandschaft gehören, inklusive deren Namen, Ort des (Winter-)Quartiers, Grössen gemessen an Personal und Flächenbedarf, Anzahl Spieltagen (in der Stadt Zürich und ausserhalb), Spielorte, Umsatzzahlen (sofern öffentlich und bekannt), jeweiligem Total
    der Gebühreneinnahmen pro Zirkus und allfälligen Förderbeiträgen seitens der Stadt Zürich.
  2. Welche Angebote decken diese Zirkusse ab (Vorstellungen, Trainingsmöglichkeiten, Kurse etc.)?
  3. Welche Trends hinsichtlich der Nachfrage nach passiver (zuschauen und geniessen) und aktiver (z.B. Akrobatikschulen) Teilnahme an den  verschiedenen Zirkusformen sind für den Stadtrat erkennbar? Wie reagiert der Stadtrat auf diese Trends?
  4. Welche Standorte in der Stadt Zürich (Outdoor und lndoor) sind in Zukunft für ZirkusGastspiele vorgesehen? Welche weiteren Standorte sind zukünftig denkbar? Welche Möglichkeiten sieht der Stadtrat für Winterquartiere und/oder Trainingsorte? Bei welchen Institutionen in der Stadt Zürich sind bevorstehende Änderungen bekannt in Bezug auf Aufführungsorte und/oder gemietete Räume oder Winterquartiere? Ist der Stadtrat ebenfalls der Meinung, dass die bestehenden Platzverhältnisse prekär sind? Falls ja, wie gedenkt derStadtrat diese Problematik anzugehen?
  5. Welchen Nutzen sieht der Stadtrat in der Verankerung – gerade von Kleinzirkussen und/oder Nachwuchs-Angeboten – auf Quartierebene? Inwiefern sieht der Stadtrat Möglichkeiten, die Quartierverbundenheit zu stärken? Inwiefern werden bereits jetzt oder zukünftig Quartierzentren miteinbezogen?
  6. Einzelne Institutionen (z.B. der Zirkus Chnopf) arbeiten seit Jahrzehnten mit der Stadt Zürich zusammen. Was unternimmt die Stadt Zürich ihrerseits, um diese Zusammenarbeit zu vertiefen?
  7. Inwiefern kann der Stadtrat Nachwuchsförderprojekte stärken? Ist der Stadtrat gewillt, derartige Möglichkeiten umzusetzen?
  8. Welchen Stellenwert misst der Stadtrat der Kunstform „Zeitgenössischer Zirkus“ grundsätzlich bei? Wie beurteilt der Stadtrat die Stellung von zeitgenössischem Zirkus innerhalb der Kulturlandschaft der Stadt Zürich? Ist für den Stadtrat denkbar, diese Kunstform als kommenden kulturellen Legislaturschwerpunkt zu behandeln?
  9. Welchen Stellenwert misst der Stadtrat der Kunstform „Zeitgenössischer Zirkus“ als Faktor im Standortmarketing bei? Ist es für den Stadtrat erstrebenswert, dass die Stadt Zürich als schweizweite Nummer 1 in der Zirkuslandschaft angesehen wird? Falls nein, weshalb nicht? Falls ja, was unternimmt der Stadtrat hierzu?

Antwort des Stadtrats

Das Zirkusschaffen in der Stadt Zürich ist breit aufgestellt; von der Ausbildung über die Produktion bis zu Aufführungen und Gastspielen. Über zwanzig traditionelle und zeitgenössische Zirkusse und Zirkusgruppen spielen regelmässig in der Stadt Zürich und machen diese Kunstform damit zu einem wichtigen Baustein im kulturellen Leben. Die Bandbreite reicht vom klassischen Zirkus, kommerziellen (Dinner-) Zirkus-Events über lokale, nationale und internationale Gruppen des zeitgenössischen Zirkus mit und ohne eigene Infrastruktur bis hin zur professionellen Ausbildung und zu Teilhabeprojekten für Laien z. B. in Schulen und Gemeinschaftszentren.

Dieser Reichtum ist das Resultat vieler privater Initiativen und deren Engagement und Durchhaltewillen. Die Stadt hat diese Entwicklung durch entsprechende Rahmenbedingungen (Raum, Infrastruktur und Förderung innerhalb der unterschiedlichen Gefässe) mitgefördert. Sie erachtet und fördert die Zirkuskunst – insbesondere in der Produktion – als eine der Ausprägungeninnerhalb der darstellenden Künste, sei dies im Bereich der soziokulturellen Unterstützung oder der Unterstützung in den Kulturressorts Tanz und Theater.

Zum jetzigen Zeitpunkt sieht der Stadtrat keinen dringenden Handlungsbedarf, diese Förderpraxis zu ändern, da einerseits 2016 das Projekt Tanz- und Theaterlandschaft gestartet wurde, mit dem die Stadt Zürich die Basis für die zukünftige Kulturförderung in den Bereichen Tanz (inklusive dem Zirkusschaffen) und Theater überprüfen und regeln will. Die Tanz- und Theaterschaffenden, darunter auch Vertretungen aus dem Bereich Zirkus, sind im Beteiligungsprozess involviert. Das Projekt besteht aus einer Bestandsaufnahme (Zwischenbericht liegt seit Juli 2017 vor) und einer Konzeptentwicklung, die im Frühling 2018 mit dem Schlussbericht präsentiert wird. Die Bestandsaufnahme hat – neben dem grundsätzlich positiven Befund einer gut funktionierenden Tanz- und Theaterlandschaft – zwei Defizite in der Stadt Zürich gezeigt: einerseits die Angebote im Bereich Kinder- und Jugendtheater, andererseits die gezielte Förderung des Tanz. Ein spezifisches Defizit im Bereich Zirkus zeichnet sich aus dieser Analyse nicht ab.

Der vorliegende Vorstoss mit den neun Teilfragen öffnet das gesamte Feld, indem sich der Zirkus und seine unterschiedlichen Ausprägungen und innerhalb der gesamten Wertschöpfungskette Ausbildung – Produktion – Aufführung bewegen. Bei der Beantwortung wurden alle betroffenen Departemente und/oder Dienstabteilungen miteinbezogen: Das Präsidialdepartement/Dienstabteilung Kultur, das Sozialdepartement, das Schul- und Sportdepartement sowie das Finanzdepartement/Liegenschaftenverwaltung.

Nach diesen einleitenden Bemerkungen können die Fragen wie folgt beantwortet werden:

Gesamte Antwort des Stadtrats